Es heißt ja, dass es gut ist, wenn man Hollywoodstars nicht persönlich kennenlernt, weil dann die Illusion dahin ist. Ich zum Beispiel kann bis heute nicht „Homeland“ gucken, weil ich einmal Claire Danes interviewt habe. Das Besondere an Filmen und Serien ist aber, dass sie eine Fantasie zum Leben erwecken, die einem eine Alltagsflucht und freudvolle Träumerei erlaubt. Sich vorzustellen, dass zum Beispiel ein Actiondarsteller wirklich so cool ist wie die von ihm verkörperte Figur ist viel schöner, als zu wissen, dass er in Wahrheit ein neurotischer Idiot ist, der seine Assistenten mit Limoflaschen bewirft.

Die Illusion der Medien 

Was das zauberhafte an der Filmindustrie ist, verschwimmt vor allem durch Social Media manchmal mit der Realität. Die Fans verinnerlichen, dass Schauspieler X auch im wahren Leben ein edler Held ist und verteidigen ihn, einen ja fiktionalen Charakter, bis aufs Blut.

Lange Rede, ich habe einen Podcast gehört, in dem eine professionelle US-Athletin über einen dieser Schauspieler spricht, der sie mies behandelt hat. Der Schauspieler ist nicht aus der ersten Reihe, aber er spielt als Hauptdarsteller in einer sehr erfolgreichen TV-Serie mit, die wiederum im alten Schottland spielt und in der unser Held in einer monumentalen Liebesgeschichte lebt. Dieser Schauspieler also soll die junge Frau über die sozialen Netzwerke wieder und wieder angeschrieben und über Monate mit Nachrichten bombardiert haben, bis es schließlich zu einer Verabredung kam. Zumindest schriftlich, denn dann wurde die junge Dame urplötzlich von ihm geghostet. Nachdem sie sich über die Behandlung bei ihm beschwerte, drehte er den Spieß um und sagte ihr wiederum, dass es so überhaupt nicht gewesen sei, schließlich habe er viel zu tun und es sei ihm etwas dazwischen gekommen. Aus der Presse erfuhr sie, dass das, was ihm dazwischen gekommen war, eine andere Frau war. Dem anderen die eigene Wahrheit abzusprechen und durch eine eigene, für einen selbst passendere zu ersetzen, nennt man übrigens Gaslighting.

Ghosting sollte nicht normalisiert werden

"Ghosting": Männer verraten, warum sie sich nicht mehr bei Frauen melden - You do not have permission to view this object.

Nun wird es interessant. Der auf der Hand liegende Eindruck könnte der sein, dass die Athletin keinen Grund hat, sich zu beschweren, denn es kam schließlich nie zu einem Treffen und sie in der Podcastfolge nur ihren verletzten Stolz kitten will. Ja, natürlich ist sie gekränkt, wer wäre das nicht. Das ist aber nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass unsere Gesellschaft inzwischen allzu bereit ist, rüpelhaftes und unreifes Verhalten ungeahndet zu lassen. Ghosting? Passiert doch jedem. Und er ist halt viel beschäftigt. Je häufiger solches Verhalten aber normalisiert wird, desto generell akzeptabler erscheint es. Und ich möchte ehrlich gesagt nicht in einer Gesellschaft leben, in der niemand mehr Verantwortung für sein Verhalten gegenüber anderen Menschen übernimmt, nur, weil es anderen halt auch passiert. Darum finde ich es absolut richtig, dass sie sogar den Namen öffentlich gemacht hat. Denn wer sich wie ein Arschloch benimmt, soll auch Gelegenheit dazu bekommen, sich dafür vernünftig und seiner Vorbildfunktion gemäß zu entschuldigen.

Übrigens hat seine Serienpartnerin einmal gesagt: „Ich würde nie etwas mit einem Schauspieler anfangen. Man sollte niemanden daten, der davon lebt, gut auszusehen.“ Ich ahne, dass sie ihn nicht besonders mag. Seid nett zueinander!

Alles Liebe,
Paula

PS: Inzwischen haben sich mehrere Frauen gemeldet, mit denen er ebenfalls so umgesprungen ist.