Anzeige
Ungesunde Liebe

Symbiotische Beziehung: Wenn die Verschmelzung zum "Wir" gefährlich wird

  • Veröffentlicht: 09.06.2023
  • 09:00 Uhr
 Nie ohne einander? Das kann in einer Beziehung ziemlich ungesund werden.
Nie ohne einander? Das kann in einer Beziehung ziemlich ungesund werden.© Drobot Dean - stock.adobe.com

Manche Paare gibt es nur noch im Doppelpack. Bricht dann auch noch der Kontakt zu Freund:innen und der Familie aufgrund der Partnerschaft ab, spricht man auch von einer symbiotischen Beziehung. Was die Anzeichen und Gefahren sind, wie sich Betroffene aus dem "Wir" lösen und wieder mehr Freiraum schaffen.

Anzeige

Was ist eine symbiotische Beziehung?

Ohne dich kann ich nicht leben! Das klingt romantisch. Bei manchen Paaren aber geht die Abhängigkeit voneinander so weit, dass sie vom Bekannten- und Freundeskreis isoliert sind. Einkaufen, Sport, Haushalt: Eine Unternehmung ohne den Partner oder die Partnerin - das kommt für Menschen in einer symbiotischen Beziehung einer Katastrophe gleich. Es gibt kein "Ich" mehr, nur noch ein "Wir". Das ist eine symbiotische Beziehung.

Innigkeit ist in gesunden Beziehungen unproblematisch.  Aber eine extreme Verschmelzung kann gefährlich werden. Denn oft fallen dabei die Bedürfnisse und Interessen der einzelnen Persönlichkeiten unter den Tisch. Die Partner:innen sind so abhängig voneinander, dass die Beziehungsform toxisch wirkt.

Symbiose ist ursprünglich ein Begriff aus der Biologie. Übersetzt aus dem Griechischen heißt Symbiose so viel wie: zusammen leben. Es gibt beispielsweise Symbiosen zwischen Pilzen und Pflanzen. Das ist zumeist positiv. Die Organismen nutzen sich gegenseitig. Symbiose gibt es aber auch als Begriff in der Psychologie. Hier beschreibt das Phänomen ein Abhängigkeitsverhältnis. Das wiederum ist in den meisten Fällen negativ behaftet.

Anzeige
Anzeige

Im Clip: Darum ist Gaslighting in einer Beziehung gefährlich

So entsteht eine symbiotische Beziehung

Die Partnerschaft steht an erster Stelle, alles andere wird unwichtig: Meistens ist das der Beginn einer symbiotischen Beziehung. Ein Beispiel: Lea spielte früher gerne Volleyball in ihrer Freizeit. Außerdem studierte sie in Hamburg, traf sich regelmäßig zum Kaffee mit Freundinnen. Dann lernte sie Max kennen. Er wurde zum wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Sie war so verliebt, dass sie erst nur noch unregelmäßig zum Volleyball-Training ging. Dann meldete sie sich bald ganz ab. Die Wochenenden mit den Spielen und all das drumherum - das raubte ihr zu viel Zeit mit ihrem Schatz. Auch Max beendete seine Handball-Karriere. Ab und zu gingen Max und Lea noch mit Freund:innen Essen. Aber auch das schlief ein. Denn: Sie hatten kaum noch Zeit dafür. Schließlich machten sie fast alles zusammen. Selbst, wenn nur eine Zutat zum Kochen fehlte: Den Gang zum Supermarkt erledigten sie gemeinsam.

Das Beispiel von Max und Lea ist nur erfunden. Aber mit bedingungsloser Liebe hat das wenig zu tun. Vielmehr ist es der Start einer symbiotischen Beziehung. Der normale Alltag mit Freizeit und Freund:innen stellt sich nicht mehr ein - auch nicht nach der ersten Verliebtheitsphase. Im Gegenteil: Die gegenseitige Abhängigkeit wird immer stärker. Dahinter können folgende Ursachen stecken:

  • ein geringes Selbstwertgefühl
  • Angst, die Partnerin oder den Partner zu verlieren
  • traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit
  • großes Bedürfnis nach Sicherheit
  • das Gefühl, dass mit einem selbst "allein" etwas nicht stimmt
Anzeige
Tipps und Übungen für Selbstliebe
News

Übungen und Tipps

Glücklich und Single: Einfache Tipps für mehr Selbstliebe und Akzeptanz

Sich selbst so zu akzeptieren und anzunehmen, wie man ist - wer würde das nicht gerne können?! Wer sich selbst liebt, geht schließlich gelassener und zufriedener durchs Leben. Aber was genau ist Selbstliebe? Und warum fällt sie nicht allen gleich leicht? Die Antworten findest du hier. Plus: Übungen, mit denen sich die Selbstliebe stärken lässt.

  • 02.11.2023
  • 09:31 Uhr

Gefahren einer symbiotischen Beziehung

Was macht mich eigentlich glücklich? Was mache ich richtig gerne? Wie nutze ich Zeit für mich allein? Solche Fragen können Menschen in einer symbiotischen Beziehung oft nicht ohne Weiteres beantworten. Sie haben sich selbst und ihre Wünsche, Ziele, Bedürfnisse und Vorstellungen vom Leben aus den Augen verloren. Es gibt kein "Ich" mehr, keine eigene Entfaltung. Die emotionale Abhängigkeit verhindert das.

Das Problem: Ohne den Partner oder die Partnerin sind die Betroffenen aufgeschmissen. Löst sich die Beziehung auf, stehen sie gefühlt vor dem Nichts. Das schürt auch Angst. In der Psychologie sind sich Fachleute einig: Eine gesunde Beziehung besteht aus zwei Individuen. Dabei trägt jede Person etwas Eigenes zur Beziehung und zum "Wir" bei.

Anzeige

Woran erkennst du eine symbiotische Beziehung?

Folgende Punkte können Hinweise sein, dass du in einer symbiotischen Beziehung steckst:

  1. Wenn dich Leute nach einer Verabredung fragen, beziehst du immer deine Partnerin oder deinen Partner mit ein. Du sagst als "Wir" zu - oder kommst nur, wenn die Einladung für Euch als Paar gilt.
  2. Was der oder die Liebste sagt, das ist Gesetz. Meinungen zu hinterfragen, das fühlt sich für dich an wie Verrat.
  3. Streit in der Partnerschaft? Das kommt fast nie vor. Du tust alles dafür, Konflikte zu vermeiden.
  4. Ihr habt als Paar nur noch gemeinsame Hobbys - oder ihr habt nur "Euch" als Hobby.
Anzeige

So löst du eine symbiotische Beziehung auf

Oft liegen die Ursachen einer symbiotischen Beziehung in alten Verhaltensmustern, die schon in der Kindheit erlernt wurden. Sich diesen bewusst zu werden und sich davon zu lösen  - dafür bedarf es meistens therapeutischer Hilfe. Eine Trennung ist ein Prozess, für den die Menschen in einer symbiotischen Beziehung gute Unterstützung brauchen.

Dabei lernen sie, dass es keine Katastrophe ist, ohne die engste Bezugsperson zu sein. Denn als Erwachsene können Menschen auch für sich selbst sorgen und Verantwortung übernehmen. Sie sind nicht ohnmächtig, sondern entscheidungsfähig. Aber ohne den oder die andere:n scheint ein Leben nicht möglich? So ein Gefühl der Ohnmacht liegt oft in frühen Kindheitserfahrungen begründet. In einer Therapie lernen Betroffene, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse wieder wahrzunehmen und handlungsfähig zu werden.

Sei du selbst: Tipps für mehr Freiraum in einer symbiotischen Beziehung

Das richtige Verhältnis zwischen Nähe und Distanz zu finden, ist wichtig für eine gesunde Beziehung. Ihr merkt bereits, dass ihr zu sehr aneinander klammert? Freiräume halten die Beziehung frisch. So könnt ihr etwas dafür tun:

  • Verhalte dich nicht plötzlich abweisend. Sprich offen dein Bedürfnis nach Freiraum an. So vermeidest du Missverständnisse.
  • Plane Zeit mit Freund:innen ein, die dir wichtig sind und triff sie auch allein.
  • Vermeide Kontrollanrufe, wenn du ohne Partner oder Partnerin unterwegs bist. Verlass dich auf eure Vertrauensbasis.
  • Finde heraus, was du eigentlich gerne tust: Das kann ein neues Hobby sein, Sport oder Meditation. Auch simple Dinge wie das regelmäßige Schauen deiner Lieblingssendung gehören dazu. 

Symbiotische Beziehung zwischen Eltern & Kind

Ein gestörtes Abhängigkeitsverhältnis wie in einer symbiotischen Beziehung kann es auch zwischen Mutter und Kind und Vater und Kind geben. Wenn die Psyche von Eltern und Kindern verschmilzt, hat das Kind keinen Freiraum, sich zu einem Individuum zu entwickeln. Für die Elternteile wird die Situation meistens dann herausfordernd, wenn Kinder Selbstständigkeit einfordern - was ein gesundes Verhalten ist. Damit Kinder sich entwickeln können, müssen sie sich auch von den Eltern abgrenzen dürfen. Nur so können sie sich selbst erfahren.

Mehr News und Videos
Ein Meilenstein: Problemloses Verladen mit Püppi

Ein Meilenstein: Problemloses Verladen mit Püppi

  • Video
  • 07:53 Min
  • Ab 6